Wie funktioniert eigentlich... der Pferdedarm

Wie funktioniert eigentlich... der Pferdedarm

Den Pferdekörper verstehen

Der Darm hat derzeit Hochkonjunktur. Zu Recht, denn er kann weit mehr als nur Nahrung verwerten. Das so große wie großartige Organ spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit.

Der Darm eines durchschnittlichen Warmblutpferdes hat eine Länge von gut 30 Metern und fasst rund 200 Liter, also etwa eine Badewanne voll. Seine Aufgaben sind groß: Er verarbeitet aufgenommene Nahrung, versorgt den Körper des Pferdes mit Vitaminen und Nährstoffen und liefert Lebensenergie. Gleichzeitig erfüllt das Organ hochbedeutende Funktionen für das Immunsystem. Denn die Darmflora besteht aus Billionen von Mikroorganismen, die täglich damit beschäftigt sind, Krankheitserreger abzuwehren und den Körper zu schützen. Dies ist ein Hauptgrund, warum sich Störungen des Darms negativ auf den gesamten Pferdekörper auswirken können.

Der Pferdedarm arbeitet anders als der menschliche Darm, der über ein automatisches Muskelsystem verfügt: die Darmperistaltik, die den Nahrungsbrei durch den Darm transportiert. Der Pferdedarm dagegen ist darauf angewiesen, unterstützt zu werden: durch Bewegung. Daher muss ein Pferd neben der richtigen Fütterung immer auch genug in Bewegung sein können, soll der Darm optimal funktionieren.

Dreißig Meter, auf denen viel passieren kann

Die erste Station des Futterbreis im Darm ist der etwa 20 Meter lange Dünndarm mit seinen drei Abschnitten: Unmittelbar am Magenausgang beginnt der Zwölffingerdarm, dann folgen Leerdarm und Hüftdarm. Im Dünndarm werden – vergleichsweise flott in etwa eineinhalb Stunden – hauptsächlich schnellverdauliche Kraftfutterbestandteile wie Eiweiße, Fette und Kohlenhydrate aufgespalten und von der Dünndarmschleim- haut aufgenommen. Gesundheitsprobleme können ihren Anfang nehmen, wenn im Verhältnis zum Raufutteranteil sehr große Mengen an Kraftfutter gefüttert werden. Denn dann kann die Stärke aus dem Kraftfutter oft nicht vollständig im Dünndarm verdaut werden und ein Teil gelangt in den Dickdarm, wo die Reststärke das Gleichgewicht der Mikroorganismen stören und bestenfalls Blähungen, aber schnell auch eine Störung des gesamten Darmmilieus zur Folge haben kann.

Die zweite Station des Futterbreis ist der etwa zehn Meter lange Dickdarm, zu dem Blinddarm, großer Grimmdarm, kleiner Grimmdarm und Mastdarm gehören, und der alles verarbeitet, was im Dünndarm nicht verwertet werden konnte, vor allem die Faseranteile von Heu und Stroh. Er funktioniert ähnlich wie eine Biogasanlage und wandelt Fasern zu flüchtigen Fettsäuren, die von seiner Schleimhaut aufgenom men werden und dem Pferdekörper Energie liefern. Blinddarm und großer Grimmdarm sind Gärkammern, kleiner Grimmdarm und Mastdarm entziehen Wasser. Für seine Arbeit lässt sich der Dickdarm vergleichsweise viel Zeit: in der Regel zwei volle Tage. Ist er fertig, sind es auch die Pferdeäpfel. Sie drücken auf den AfterRingmuskel und alarmieren das vegetative Nervensystem: Das Pferd äpfelt. Im Durchschnitt etwa 20 Kilo pro Tag.

Die Gesundheit sitzt in der Darmflora

Aber der Darm kann noch viel mehr: Er ist das größte Immunorgan des Pferdekörpers. Die für das Immunsystem des Pferdes so bedeutende Darmflora bildet sich erst mit der Geburt. Im Mutterleib ist der Darm des Fohlens noch keimfrei. Fertig aufgebaut, wird die Darmflora zur hochkomplexen Gemeinschaft von Bakterien, Pilzen und Einzellern. In einer vollständigen, gesunden Darmflora hindern die guten die schädlichen Keime daran, sich festzusetzen oder in die Blutbahn des Pferdes einzudringen. Dafür bilden sie Stoffwechselprodukte, die auf andere Keime toxisch wirken. Solange die schädlichen Keime im Verhältnis zu den nützlichen nicht überhandnehmen, herrscht gesunde Harmonie im Darm, die Darmflora ist im Gleichgewicht. Kommt es allerdings zu einer Überlastung mit schädlichen Keimen und dadurch zu einer Überproduktion an toxischen Stoffwechselprodukten, kann dies der Gesundheit des Pferdes schaden. Typische Störenfriede in diesem so genialen wie empfindlichen System sind Ernährungsfehler, aber auch Stress, Wurmkuren und Antibiotika-Gabe

Darm-Wissen

Ein Superorgan mit großer Verantwortung:

  • Das Verdauungssystem beim Pferd ist deutlich sensibler als das beim Menschen.
  • Anders als der menschliche Darm ist der Pferdedarm auf Bewegung von außen angewiesen, um gut zu  funktionieren.
  • Pferde können nicht erbrechen; was einmal geschluckt wurde, muss die lange Reise durch den Darm antreten.
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